"Habe ich wirklich eine Salicylatintoleranz (SI)? Oder ist es eine andere Allergie?
Wie kann ich feststellen lassen, welche Unverträglichkeit meine Probleme verursacht?"
Diese Fragen beschäftigen Betroffene, wenn Sie von der Salicylatintoleranz als mögliche Ursache ihrer Beschwerden erfahren.
Sie wünschen sich eine klare Diagnose, damit sie endlich wissen, worauf sie wirklich achten müssen, um beschwerdefrei zu leben. Denn eine Salicylatintoleranz erfordert teilweise sehr einschränkende Diätmaßnahmen. ~
Um eine Salicylatintoleranz im Labor nachzuweisen, stehen folgende Tests zur Verfügung:
Der Funktionelle Eiconasoidtest (FET) wurde von Professor Baenkler von der Universität Erlangen entwickelt, um eine Salicylatintoleranz nachzuweisen.
Bei diesem Test wird das Blut des Patienten mit Salicylaten versetzt und anschließend die Menge an Prostaglandinen, Leukotrienen und anderen Botenstoffen gemessen. Wenn dieses Gleichgewicht auf typische Weise zugunsten der Leukotriene verschoben ist, spricht das für das Vorliegen einer Salicylatintoleranz.
Leider kann der FET nicht mehr von der Uni Erlangen angeboten werden. (Stand März 2023).
Der Basophilendegranulationstest (BDT) wird auch als Basophilenaktivierungstest (BAT) oder als CAST-Test bezeichnet. Er dient zur Diagnose vieler Allergene und Pseudoallergene, wie Nahrungszusätze, Farbstoffe, Konservierungsmittel und eben auch Salicylate.
Bei diesem Test werden speziell angereicherte Basophile Granulozyten des Patientenblutes mit den vermuteten unverträglichen Substanzen versetzt, um dann die Leukotrienfreisetzung zu bestimmen.
Basophile Granulozyten haben eine große Ähnlichkeit mit Mastzellen, sie befinden sich aber im Blut, während die Mastzellen im Gewebe vorkommen.
Die Gemeinsamkeit zwischen Mastzellen und Basophilen Granulozyten besteht darin, dass beide in ihrem Inneren kleine Bläschen (Vesikel) enthalten, in denen verschiedene Botenstoffe gespeichert sind oder bei Bedarf gebildet werden können. Diese Botenstoffe werden auch als Mediatorsubstanzen bezeichnet. Die bekannteste Mediatorsubstanz ist Histamin.
Werden die Basophilen Granulozyten nun durch Salicylate (oder andere Pseudoallergene) „gereizt“, kommt es zur Degranulation. Das heißt, die Botenstoffe werden aus den Vesikeln ins Blut abgegeben und können dort bestimmt werden.
Der Basophilendegranulationstest ist eine Kassenleistung, wenn Ärzte ihn anfordern. Er kann aber auch auf Selbstzahlerbasis von Heilpraktikern und sogar vom Patienten selbst in Auftrag gegeben werden. Dies ist zum Beispiel beim IMD-Labor in Berlin möglich. Der Suchtest für die häufigsten allergieauslösenden Lebensmittelfarbstoffe und -zusätze einschließlich Salicylat kostet dort rund 100 Euro (Stand: 2020), eine Salicylat-Einzelbestimmung entsprechend weniger.
Seine Aussagekraft zur Diagnose der Salicylatintoleranz ist umstritten. Er bietet jedoch den Vorteil, dass andere Lebensmittelzusätze, wie zum Beispiel Tartrazin, Sulfit oder Benzoate, die ähnliche Reaktionen verursachen können, ebenfalls erkannt werden. Verschiedene Labors bieten den BDT an.
Jedoch zeigt der BDT nur eine akute Reaktion auf Salicylate an, vergleichbar mit einer Sofortallergie. Verzögerte und/oder chronische Reaktionen werden damit nicht erfasst.
Diese können aber mit dem LTT Test nachgewiesen werden.
Mit dem Lymphozytentransformationstest können verzögerte Reaktionen auf Nahrungsmittel oder Medikamente erfasst werden.
Lymphozyten sind bestimmte Immunzellen, sie sind sozusagen die "Spätzünder" im Immunsystem und reagieren erst nach 48 - 72 Stunden auf eine unverträgliche Substanz. Dies kann im Blut dann mit unterschiedlichen möglichen Allergenen geprüft werden. Zum Beispiel kann auch die Verträglichkeit von Zahn-Füllmaterialien mit dem LTT überprüft werden.
Sie können Ihr Blut auch auf Reaktionen gegenüber Aspirin oder Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen testen lassen, um Hinweise auf eine verzögerte allergische Reaktion auf Salicylate zu erhalten.
Auch der LTT wird von immunologischen Labors angeboten. Im Internet finden Sie unter dem Suchbegriff "Lymphozytentransformationstest" nähere Informationen dazu.
Doch auch dieser Test schlägt nur an, wenn das Immunsystem gegen Salicylate aktiviert ist.
Salicylate können aber auch Probleme bereiten, ohne dass eine Allergie vorliegt.
Moderne Gentests haben weitere Möglichkeiten eröffnet, das Risiko von salicylatbedingten Symptomen wie Magenschleimhautentzündung (Gastritis), Asthma oder Urtikaria zu erkennen.
Gene beinhalten - vereinfacht ausgedrückt - die Bauanleitung für bestimmte Enzyme und können hierbei jeweils Polymorphismen, also angeborene Unterschiede aufweisen. Manche dieser Polymorphismen führen zu einer gesteigerten Enzymaktivität, andere hingegen zu einer verlangsamten Enzymaktivität.
Bei bestimmten Gen-Polymorphismen ist unter anderem auch der Stoffwechsel von Salicylaten gestört, so dass es zur Salicylat-Überempfindlichkeit kommt.
So kann zum Beispiel eine bestimmte genetische Variante für die Cyclooxygenase (Cox-1) zu einer verminderten Enzymaktivität und damit zu einer verringerten Produktion von schleimhautschützenden Prostaglandinen führen. Da Salicylate die Cox zusätzlich hemmen, können sie somit dieses genetisch bedingte Problem verstärken.
Noch deutlichere Zusammenhänge hat die Medizinwissenschaft für genetische Varianten des Gens mit dem Namen CYP2C9 gefunden. Dieses Gen gehört zur Gruppe der Entgiftungsenzyme, die für Medikamente und andere Fremdstoffe die erste Phase der Entgiftung bewirken. Verschiedene CYP-Enzyme sind dabei für verschiedene Medikamente oder auch für Nahrungsfaktoren spezifisch.
Das genannte Enzym CYP2C9 ist notwendig für die Entgiftung von Salicylaten und NSAIDs (nichtsteroidale Antirheumatika wie Diclofenac oder Ibuprofen). Ist es zu wenig aktiv, können diese Substanzen nur langsam abgebaut werden, und reichern sich also möglicherweise im Körper zu stark an.
In einer medizinischen Studie (1) wurde gezeigt, dass für Menschen mit einer angeborenen verlangsamten Aktivität von CYP2C9 das Salicylate-Risiko steigt und dass es bei ihnen zum Beispiel zu Magenschleimhautschäden kommen kann.
Die Wissenschaftler dieser Studie schlagen vor, dass eine CYP2C9 Bestimmung anzeigen kann, welche Personen durch Salicylate gefährdet sein können.
Die sogenannte N-Acetyl-Transferase 2 (NAT2) baut Leukotrien-Verbindungen (Cysteinyl-Leukotriene) ab, die durch den Einfluss von Salicylaten im Übermaß entstehen können.
Bei bestimmten Polymorphismen im NAT2 Gen ist die Aktivität dieses Enzyms verlangsamt, Leukotriene reichern sich also zu sehr an und können unter anderem Asthma auslösen.
In einer Studie (2) wurde gezeigt, dass bei salicylatempfindlichen Asthmatikern häufig eine solche Genvariante vorliegt.
Menschen mit einer verlangsamten NAT2-Aktivität werden auch als langsame Acetylierer bezeichnet. Sie können dann auch verschiedene andere Substanzen und Medikamente nur verlangsamt abbauen, was bei der Dosierung berücksichtigt werden sollte.
Auch weitere Gene spielen im Stoffwechsel von Salicylaten und deren Abbauprodukten eine Rolle.
Inzwischen bieten verschiedene Labors Gentests an. Sie könnten also Ihren Arzt bitten, entsprechende Gentests durchzuführen. Falls ein Polymorphismus eine erniedrigte Aktivität anzeigt, ist auch das ein deutlicher Hinweis, mit salicylathaltigen Medikamenten und Salicylaten in der Nahrung vorsichtig zu sein.
Jedoch gilt es generell, Labortests richtig zu interpretieren. Manche Klienten berichten mir, dass sie zwar nachweislich durch Salicylate Probleme in den Atemwegen bekommen, dass ihr BDT oder FET auf Salicylate oder sonstige Tests aber negativ waren. Was nun? Also doch keine Salicylatunverträglichkeit?
Doch, vermutlich schon. Denn eine Salicylatintoleranz ist nicht nur eine Allergie bzw. Pseudoallergie, sondern kann sich auch über andere Mechanismen schädlich auswirken.
Dies führt dann oft nicht zu Sofortreaktionen, sondern zu chronischen Symptomen und Schleimhautproblemen bzw. -entzündungen.
Ursache dafür kann möglicherweise die Tatsache sein, dass Salicylate bestimmte Bakterien, die Staphylokokken, aggressiver machen können. Mehr dazu ist hier zu lesen:
Salicylate und Staphylokokken.
Solche Zusammenhänge lassen sich am besten durch achtsame Selbstbeobachtung anhand der Symptomatik und einer Besserung bei Salicylatverzicht nachweisen.
Um eine Salicylatintoleranz wirklich festzustellen, reicht im Grunde zunächst schon eine Auslassdiät. Wenn sich Ihre Beschwerden dadurch bessern, waren sie tatsächlich durch Salicylate verursacht.
Mitunter verschwinden unter einer salicylatfreien Diät sogar auch ganz andere Symptome, wie Gelenkschmerzen oder depressive Verstimmungen, die ursprünglich gar nicht als Salicylat-Symptome vermutet worden waren. So zumindest hat es mir eine meiner Klientinnen erfreut berichtet.
Salicylatfreie Diät bedeutet, dass Sie auf salicylathaltige Medikamente und Kosmetika sowie auch auf salicylathaltige Nahrungsmittel (probeweise) verzichten sollten.
Jedoch ist dies nicht immer einfach, denn der Salicylatgehalt in Nahrungsmitteln variiert sehr stark, und es existieren dazu auch viele verschiedene Angaben im Internet. Generell ist eine pflanzenreiche vegetarische oder vegane Kost salicylatreicher als eine Mischkost, die auch Fleisch und Eier enthält.
Besonders salicylatreich können grundsätzlich Trockenkräuter, Gewürze, Pflanzenextrakte, Salatgurken, Zucchini (vor allem ungeschält) und Mandeln sein.
Wir haben für Sie eine ausführliche Salicylate-Liste zusammengestellt, an der Sie sich orientieren können.
Aber wie gesagt, die Salicylatgehalte variieren sehr stark, deshalb sollten Sie sich nicht allzu streng an Listen halten, sondern Ihren eigenen Körper beobachten, um zu erkennen, was er toleriert und was nicht.
Hier finden Sie unsere Salicylate-Liste. Darin sind Nahrungsmittel und Zusatzstoffe aufgelistet, die Sie bei Ihrer salicylatfreien Diät meiden oder reduzieren sollten.
Bringt die salicylatfreie Diät jedoch nicht die erhoffte Besserung, so spielen Salicylate wohl nicht die Hauptrolle, zumindest nicht die alleinige Rolle im Krankheitsgeschehen. Dann muss nach weiteren Auslösern gefahndet werden.
Möglicherweise spielt hierbei auch eine zusätzliche Histaminintoleranz eine Rolle, die in vielen Fällen mit der Salicylatintoleranz einhergeht.
Mehr dazu lesen Sie in unserem Artikel Mastzellen, Salicylate und Histamin.
Wenn Sie sich ausführlich über die Ursachen und Symptome einer SI informieren wollen, wird Ihnen unser Beitrag Salicylatintoleranz Symptome erkennen weiterhelfen.
Quellen:
(1) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26517138/
(2) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20602614/