Hier finden Sie Informationen zur Dünndarmfehlbesiedlung, auch als SIBO bezeichnet.
erstellt von Johanna Kallert
zuletzt aktualisiert am 30.09.2022
Eine Dünndarmfehlbesiedlung wird auch als "small intestinal bacterial overgrowth", kurz SIBO bezeichnet. Wie der Name sagt, siedeln sich im Dünndarm zu viele Bakterien an, oder es kommt zu einer ungünstigen Zusammensetzung der Dünndarmflora.
Diese Überwucherung oder Fehlbesiedlung führt zu vielfältigen Symptomen.
Leider werden die SIBO Symptome oft als Reizdarm fehlgedeutet, die ursächliche Dünndarmfehlbesiedlung wird nicht immer erkannt.
Doch nur mit der richtigen Diagnose und Therapie können Sie Darmbeschwerden und sonstige SIBO Symptome erkennen und ursächlich beheben.
Lesen Sie hier,
Und wie Betroffene wieder neue Lebensqualität erhalten, wenn endlich die wahre Ursache ihrer Beschwerden behandelt wird. ~
Im Dünndarm sind normalerweise deutlich weniger Bakterien angesiedelt als im Dickdarm. Denn dort soll die Resorption der Nahrung in den Körper erfolgen. Erst danach, wenn der Nahrungsbrei im Dickdarm angelangt ist, dürfen Bakterien die unverwertbaren Nahrungsreste zersetzen.
Von einer Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO) spricht die Medizin dann, wenn sich im Dünndarm zu viele Bakterien befinden, oder wenn eine ungünstige Bakterienzusammensetzung (Dysbiose) vorhanden ist.
Oft sind es die E Coli Bakterien, die sich im Dünndarm stark vermehren können und dann vielfältige SIBO Symptome verursachen. Doch auch viele andere Bakterienarten überwuchern manchmal den Dünndarm.
Sogar die "guten" Lactobazilllen können stören, wenn sie sich schon im Dünndarm ansiedeln, statt wie vorgesehen erst im Dickdarm.
Aufgrund der SIBO-Überwucherung kann ein beschwerdereiches Krankheitsbild mit vielseitigen Symptomen entstehen.
So kommt es häufig zu
Doch warum verursachen ein paar Bakterien zu viel im Dünndarm so viele Symptome? Schließlich sind die Darmbakterien doch wichtig und gesund?
Dafür gibt es verschiedene Antworten und Erklärungen:
All diese Faktoren erklären, warum "ein paar Dünndarmbakterien" bei SIBO so vielfältige Symptome auslösen können.
Doch warum wird der Dünndarm überwuchert? Wie gelangen die vielen Bakterien in den Dünndarm?
Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Mitunter können Bakterien aus dem Dickdarm in den Dünndarm hochsteigen.
Normalerweise schließt die sogenannte Ileozökalklappe den Dickdarm ab, so dass kein Stuhl und somit keine Bakterien in den Dünndarm zurückfließen können.
Doch wenn diese Klappe defekt ist und nicht richtig schließt, können immer wieder Dickdarmbakterien in den Dünndarm gelangen.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Darmperistaltik, also die Darmbewegungen, die den Nahrungsbrei durchmischen und weiterbfördern sollen.
Eine gut funktionierende Darmperistaltik befördert auch die Bakterien normalerweise immer wieder in Richtung Dickdarm.
Wenn aber diese Darmbewegungen zu schwach sind, können zu viele Bakterien im Dünndarm bleiben.
Manchmal können die Bakterien auch direkt mit der Nahrung in den Dünndarm eingebracht werden, zum Beispiel mit Hilfe von probiotischen Milchprodukten oder Nahrungsergänzungsmitteln.
So manche Dünndarmfehlbesiedlung ist das Resultat von unkontrolliert eingenommenen Probiotika.
Weiterhin kann es sein, dass die Bakterien, die normalerweise nur in geringer Zahl den Dünndarm besiedeln, zu stark "gefüttert" werden, so dass sie sich exzessiv vermehren.
Futter für die Dünndarmbakterien sind zum Beispiel Lactose, Fructose, resistente Stärke und weitere fermentierbare Kohlenhydrate.
Aber auch bestimmte Mineralien und Spurenelemente, die über Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden, stimulieren das Wachstum von Dünndarmbakterien.
Hier sind zum Beispiel Eisen, Calcium, Magnesium und Mangan zu nennen.
Und wie lässt sich eine Dünndarmfehlbesiedlung feststellen, wenn die Symptome auf eine mögliche SOBO hinweisen?
Die beste Nachweismethode wäre es, im Rahmen einer endoskopischen Untersuchung Proben von der Dünndarmschleimhaut zu entnehmen und diese auf Bakterien zu untersuchen.
Doch diese Methode ist aufwändig und zudem auch nicht immer zu 100 Prozent aussagekräftig, weil die Bakterienverteilung im Dünndarm ja unterschiedlich sein kann.
Deshalb gelten Wasserstoffatemtests mit Glucose oder Lactulose als derzeit gängigste Nachweismethoden.
Diese Tests werden in der Regel in gastroenterologischen Praxen durchgeführt und funktionieren ähnlich wie die Tests zur Diagnose einer Lactose- oder Fructose-Intoleranz.
Beim Glucose-Atemtest bekommt der Patient eine definierte Menge einer Glucose-Lösung zu trinken. Im Normalfall wird die Glucose annähernd vollständig in das Blut aufgenommen und nicht von Bakterien zu Wasserstoff und anderen Gasen fermentiert.
Liegt jedoch eine Dünndarmfehlbesiedlung vor, fermentieren diese Keime die Glucose rasch zu Wasserstoff (und anderen Gasen). Dadurch steigt die Wasserstoffkonzentration in der Atemluft an und kann gemessen werden.
Ein Anstieg der Wasserstoffkonzentration beim Glucose-Test ist somit ein Beweis für eine Dünndarmfehlbesiedlung.
Doch es gibt auch die Möglichkeit, dass kein Wasserstoffanstieg erfolgt, obwohl Bakterien im Dünndarm vorhanden sind.
Wenn solche Bakterienarten anwesend sind, die den Wasserstoff sofort wieder verbrauchen, ist das Testergebnis beim Glucose-Atemtest falsch negativ.
Zur Negativkontrolle oder zur Diagnosesicherung kann dann noch ein Lactulose-Test durchgeführt werden.
Lactulose ist ein Zweifachzucker aus Fructose und Galactose. Er wird im menschlichen Darm prinzipiell nicht resorbiert, sondern von den Darmbakterien fermentiert, wobei ebenfalls Wasserstoff entsteht.
Lactulose führt also normalerweise in jedem Fall zu einem Wasserstoffanstieg.
Entscheidend für die Diagnose ist hier der Zeitpunkt:
Ergänzend kann dann auch Methan in der Atemluft gemessen werden, denn in den meisten Fällen wird der Wasserstoff von den Bakterien zu Methan umgesetzt.
Doch auch andere Bakterien können Wasserstoff verbrauchen, die weder Wasserstoff noch Methan produzieren.
Zur Diagnosesicherung bei falsch negativem Lactulose-Test werden deshalb immer auch die Beschwerden des Patienten nach dem Trinken der Zuckerlösungen herangezogen.
Kommt es schon innerhalb der ersten Stunde zu Bauchbeschwerden, spricht auch dies für eine Dünndarmfehlbesiedlung.
Eine Dünndarmfehlbesiedlung bzw. -überwucherung (SIBO) ist im Grunde eine Art Darminfektion. Sie wird deshalb schulmedizinisch mit speziellen Antibiotika behandelt.
Derzeit werden sogenannte Probiotika beinahe inflationär bei allen möglichen Darmbeschwerden empfohlen. Probiotika sind Nahrungsergänzungsmittel, die lebende Bakterien enthalten, meist unterschiedliche Arten von Lactobazillen, Bifidobakterien, mitunter auch Enterokokken.
Diese Keime zählen zu den "guten" Darmbakterien, die dann die bösen verdrängen sollen. Inwieweit dies tatsächlich möglich ist, gilt in der Fachwelt als umstritten.
Auch die Frage, ob eine Ansiedlung guter Darmbakterien im Dünndarm sinnvoll ist, oder die Überwucherung sogar noch verschlimmert, ist noch nicht eindeutig geklärt.
Ich selbst habe mit Probiotika die Erfahrung gemacht, dass sich Symptome verschlimmern und verwende sie nicht mehr.
Viel sinnvoller ist es, die Ernährung so umzustellen, dass die Dünndarmbakterien nicht übermäßig gezüchtet werden.
Verschiedene Zuckerarten, wie Haushaltszucker (Sacharose), Milchzucker (Lactose) und Fruchtzucker (Fructose) scheinen die Dünndarmfehlbesiedlung zu begünstigen und aufrechtzuerhalten.
Diese Zucker sollten Sie daher weitgehend aus Ihrer Ernährung verbannen.
Auch ein zu viel an Stärke, vor allem an resistenter Stärke kann die Darmflora übermäßig füttern.
Weitere Kohlenhydrate wie Fruktane können sich ebenfalls negativ auswirken. Dasselbe gilt auch für den Zuckeralkohol Sorbitol.
Deshalb wird seit einiger Zeit die sogenannte Fodmap Diät empfohlen, die all diese nicht resorbierbaren Kohlenhydrate ausschließt. Im Internet gibt es zahlreiche Auflistungen, was bei einer Fodmap Diät zu meiden oder einzuschränken ist.
Wer es weniger kompliziert angehen will, meidet oder reduziert einfach Zucker, Lactose und Fructose, denn damit kann einer erneuten Dünndarmfehlbesiedlung schon sehr gut vorgebeugt werden.
Wichtig ist auch, sich möglichst vielseitig zu ernähren. Wer zu viele Kohlenhydrate zu sich nimmt, kann damit möglicherweise seine Dünndarmbakterien "züchten", aber auch ein Zuviel an Rohkost, an Ballaststoffen oder an Fetten kann bestimmte Bakterienstämme begünstigen.
Deshalb: Auch wer bestimmte Nahrungsbestandteile vorübergehend meiden muss, sollte sich so abwechslungsreich wie möglich ernähren.
Tipp zum Weiterlesen:
Die Dünndarmfehlbesiedlung und die Art der Darmbakterien kann auch zu einer Histaminüberlastung führen, von der wohl immer mehr Menschen betroffen sind.
Mehr zu diesem Zusammenhang finden Sie in unserem Beitrag Darmflora und Histamin.